Velounterstand mit Tücken

Über Misserfolge erzähle ich normalerweise erst, nachdem es sich zum Guten gewendet hat. Jetzt mache ich mal eine Ausnahme:

Seit längerem stehen vor der Privatschule Casa Babetta die Fahrräder kreuz und quer auf dem Parkplatz und bei Regen werden Sattel und Helme nass. Die Platzverhältnisse sind knapp und so dauerte die Standortwahl Jahre. Im letzten Herbst entstand Klarheit und ich erstellte ein Baugespann. Wir testeten die Grösse für die Velos, den Platz für die Ausfahrt mit dem Auto und fragten den direkten Nachbarn. Alles schien zu passen.

Ich plante die Konstruktion, rüstete alte Holzbalken aus dem Keller, besorgte Balkenschuhe und zusätzliche Ziegel. Einen Teil Ziegel hatte ich noch übrig vom Spielhaus. Zusammen mit den ältesten Schülern richteten wir Balken auf und ich deckte eine Reihe Ziegel, um die notwendige Grösse zu messen, denn ich wollte keine Ziegel zuschneiden.
Und dann, anfangs Januar 2023, kam ein Brief von der Gemeinde: auf unserem Grundstück entstehe ein Veloständer und dafür sei eine Baubewilligung notwendig. Das hätte man natürlich klären können, wäre nicht so schwierig. Seit 2009 habe ich hier in Hitzkirch schon fünf Baugesuche eingereicht für Umbauten und für eine Stützmauer im Garten. Aber bei diesem Veloständer von knapp 10m2 Grundfläche hatte ich das Gefühl, es reicht die Nachbarin zu fragen - falsch gedacht. Wobei, viel überlegt hatte ich nicht, unbewusst fand ich das wohl einfach Verhältnisblödsinn.

Jetzt befasste ich mich mit den notwendigen Unterlagen und stiess auf zwei Fragen im Baugesuch, die ich mit nein beantworten musste, das heisst: notwendige Klärungen mit dem Bauamt für Ausnahmeregelungen.
Es geht um Abstände von anderen Gebäuden, Abstände von Strassen, Abstände von Grenzen, also vor allem um Abstände. Und meine Abstände gehen alle gegen Null, sogar ins Negative :-).

Mit Sicherheit braucht es einen Grundbucheintrag mit einem Notar, bei dem die Nachbarin dem fehlenden Grenzabstand zustimmt. Ob die restlichen fehlenden Abstände bewilligungsfähig sind, müsste jetzt kostenpflichtig durch Fachpersonen geklärt werden, ohne Garantie auf Erfolg.

Immer wieder hört man Schlechtes von Baubehörden wegen fehlenden Kompetenzen oder langen Wartezeiten. In meinem Fall muss ich da vehement widersprechen. Die zuständige Sachbearbeiterin hat innert Kürze sehr kompetent meine Fragen beantwortet.


Neben philosophischen Gedankenreisen über Sinn und Unsinn von gewissen Bau- und Strassen-Gesetzen müssen wir uns jetzt entscheiden, ob sich der Aufwand lohnt, mehr in den Notar und in die Baubewilligung als in das Bauprojekt selbst zu investieren, oder ob ich die Konstruktion wieder demontiere. 

Ich weiss, alles im Leben hat einen Sinn, bringt mich weiter, auch wenn ich es im Moment nicht erkenne.

Für alle die Lernerfahrungen und die grosse Hilfsbereitschaft, die ich erlebt habe bin ich sehr dankbar:

  • Ich habe viel gelernt über Holz-Konstruktion, habe mit einer 8cm Kappsäge verschiedenste Winkel aus den 10cm Balken gesägt, habe neue Konstruktions-Schrauben entdeckt, von denen auch der Eisenwarenhändler begeistert war, habe Pfostenhalter in schräge Balken auf unebenem Grund im passenden Winkel reingeschraubt.
  • Ein Vater von Casa Babetta Schülern hat uns das Holz für das Unterdach nicht nur transportiert, sondern gleich geschenkt, beim Dachdecker Koch konnte ich von einem Neubau Ziegel beziehen, die Jugendlichen hatten grosse Freude beim Zusammenbau, die Nachbarin hat dem Projekt grosszügig zugestimmt und wie erwähnt hat mich das Bauamt Hitzkirch sehr positiv überrascht.

Es gab Momente, in denen ich mich geärgert habe, vor allem über mich selbst. Und ich hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber allen, die mich unterstützt haben, falls es jetzt nicht zustande kommt. Selbstvergebung ist ein wichtiger Schritt in der menschlichen Entwicklung. Ich reihe diese Erfahrung somit als Glückfall ein und bin gespannt wie es weitergeht.