Michi Grüter und Janine Krummenacher haben sich
mit der Brauwerkstatt in Kriens einen Traum erfüllt. Ihr
gemeinsamer Weg wurde zu einem Crashkurs in Persönlichkeitsentwicklung. Seit
sie sich konsequent auf ihr Herz verlassen, haben sie keine Entscheidung
bereut. Und als im Frühling der Corona-Lockdown startete, hatten sie bereits
alle möglichen Ängste losgelassen.
Als wir Janine und Michi im Sommer auf dem Campingplatz kennen lernten, hatte ich nur eine leise Ahnung, wie inspirierend ihr Schaffen für mich sein wird. Die Essenz aus unserem Gespräch in der Brauwerkstatt teile ich gerne mit euch.
Peter: Wie kam es zur Idee einer eigenen Bierbrauerei?
Michi: Angefangen hat es mit Kollegen in der Küche. Nach dem Feierabend wollten wir ein bisschen Bier brauen. Das dauerte aber sechs bis acht Stunden, also bis in die tiefe Nacht hinein. Für die anderen war es einfach Fun, aber mich hat es nicht mehr losgelassen.
Ich war schon immer begeistert von unterschiedlichsten Arten der
Zubereitung und Produktion von Nahrungsmitteln. Ich sammle auch gerne Pilze,
gehe fischen und habe eine Passion für die Gastronomie. Ursprünglich wollte ich
Koch lernen, habe aber die Lehre nach einem halben Jahr abgebrochen. Der Grund
war nicht die Materie, ich habe mich einfach in diesem Umfeld nicht wohl
gefühlt und es war zu viel Stress in der Arbeit.
Peter: Deine Anstellung als Personalvermittler hatte sicher auch seine Vorteile. Was hat den Ausschlag gegeben dein Herz-Projekt anzupacken?
Michi: Diese Arbeit war ok, aber die Leidenschaft hat gefehlt. Ich konnte die Komfortzone mit sicherem Monatslohn und fünf Wochen Ferien gut geniessen, der Leistungsdruck war allerdings gross. Den Ausschlag gab für mich nicht in erster Linie der Leidensdruck, sondern ein Herzentscheid, mein Durst nach Leidenschaft und natürlich die Unterstützung von Janine.
Janine: Ich denke ich bin eine Antreiberin. Ich hinterfrage gerne eingespielte Muster und decke Widersprüche auf. Das passiert mir auch mit wildfremden Menschen aber vor allem in meiner Naturheil-Praxis. Einige meiner Klientinnen haben plötzlich ihr Leben positiv verändert, eine Stelle gekündigt oder Beziehungen beendet, die einfach nicht mehr gepasst haben.
Peter: Was denkst du Janine, macht diese Wirkung von dir aus?
Janine: Einerseits hilft mir meine Empathie, mein Zuhören ohne Tipps und Bewertung. Es ist ein Raum, der aufgeht, in dem Menschen sehr schnell grosses Vertrauen in mich haben und ganz persönliche Geschichten erzählen. Das kann aber in eine Opfergeschichte ausarten und wenn ich das spüre, braucht es grosse Klarheit. Und hier kommt ein zweites Talent von mir ins Spiel: Es gelingt mir gut, meine Gesprächs-PartnerInnen zu unterstützen, sich in andere Rollen zu versetzen. Dadurch erfahren sie selbst das Muster, in dem sie stecken. Das wirkt oft als Befreiung.
Peter: Und funktioniert das auch in der Beziehung?
Janine: Als Michi immer wieder von seinen Ideen gesprochen hat, sagte ich zu ihm: "mach es einfach". Obwohl das Kerngeschäft Bierbrauen klar zu Michi gehört, ist es auch unser gemeinsames Projekt. Für mich war die Brauwerkstatt von Anfang an ein Begegnungsort und ich sah für mich Möglichkeiten meine Kreativität auszuleben.
Michi: Janine bringt auch Struktur in das Unternehmen, kann planen und schafft es wunderbar mich aus der Komfortzone zu locken. Ich bin eher der Macher und damit kurzfristig, impulsiv unterwegs.
Peter: So wie ich euch kennen gelernt habe, beschränkt sich die Brauwerkstatt nicht auf das Bierbrauen.
Michi: Für uns ist die Brauwerkstatt auch ein konkretes Projekt, neue Wege zu gehen, aus dem starren System auszubrechen, weniger Anpassung, weg von Prestige, einfach authentisch unseren Weg zu gehen.
Janine: Die Menschen sind fasziniert von unserer Leidenschaft. Wir haben oft Besuch von erfahrenen Bierbrauern aus grösseren Brauereien und sie staunen jeweils über die Qualität der Biere, geniessen die Atmosphäre und das weckt ihre eigenen Träume, die sie selber längst begraben haben, als sie vom Bierbrauer zum Maschinisten degradiert wurden. Eine Herzenssache ist ansteckend, es gibt bereits eine neue Brauerei, dessen Gründer durch uns inspiriert wurde.
Michi: Und Janine's Vision von einem Begegnungsort hat sich erfüllt. Bei uns treffen sich unterschiedlichste Menschen vom "Büezer" bis zum Stadtpräsidenten, was sie verbindet sind Bier, Herz und Leidenschaft.
Peter: Wie habt ihr das geschafft, soviel Know-how
in dieser kurzen Zeit zu gewinnen?
Michi: Wir waren im Austausch mit einer ähnlichen Mikrobrauerei in Bern. Ich merkte aber, dass es viel mehr braucht. So schalteten wir ein Stelleninserat, aber es meldete sich kein passendes Profil. Als wir fast aufgaben, eine Fachperson zu finden, meldete sich ein deutscher Braumeister. Er lebte gerade mit seiner Freundin in einer 1-Zimmer Wohnung und brauchte etwas frische Luft. Es war eine klassische Win-Win Situation. Dieser junge Mann hatte nicht nur Leidenschaft fürs Bierbrauen, sondern auch viel Ahnung von Betriebswirtschaft.
Janine: Für mich war es eine echte Grenzerfahrung, weil wir mit ihm auch unser Zuhause teilten, also ein viertel Jahr Null Privatsphäre.
Ich fand es unglaublich, welches Wissen sich Michi in den unterschiedlichsten Bereichen selbst angeeignet hat. Die Beschaffung der Infrastruktur, der Umbau dieser alten Industrieräume, Bewilligungen, Finanzierung, Crowdfunding usw.
Michi: Nach den Erfahrungen aus meiner Schulzeit fühlte ich mich nicht besonders selbstbewusst und war nicht der Liebling der Lehrer. Mit diesem Projekt wurde mir bewusst, dass ich mit Begeisterung mir alles notwendige Wissen in Kürze erarbeiten kann, dass ich sehr schnell begreife, wie etwas funktioniert, wenn ich eine Motivation habe, ein persönliches Ziel dahintersteckt.
Janine: Aus dieser Motivation schicken wir auch unsere Kinder in eine Schule, in der die natürliche Lernfreude, Gestaltungslust und Begeisterungsfähigkeit bewahrt und gestärkt werden.
Peter: Gab es auch Krisen, Momente, in denen ihr alles in Frage gestellt habt?
Janine: Es gab mehrere Phasen z.B. bei der Bewilligung für den Ausschank. Da fragten wir uns schon, wieso in der Schweiz einem Kleinunternehmer so viele Steine in den Weg gelegt werden. Wir mussten sehr viele Entscheidungen treffen und haben uns immer auf unser Herz verlassen. Es ist für uns im Verstand nicht erklärbar, wieso diese Entscheidungen durchwegs so weitsichtig und treffsicher waren. Ich glaube aber stark an die Kraft des Vertrauens. Man muss sich entscheiden, zwischen Leiden und Hingabe. Viele halten sich verzweifelt an einem dünnen Ast, statt los zu lassen und mit dem Fluss des Lebens zu schwimmen.
Michi: Immer, wenn ich innerlich zweifelte, zeigte sich das auch im Aussen: Ich begegnete bekannten oder fremden Menschen, die mir genau das spiegelten. Sie stellten Fragen wie: "kann man davon wirklich Leben?" Irgendwann habe ich mich entschieden zu vertrauen und damit blieben auch die Zweifler aus oder sie verunsichern mich heute nicht mehr.
Peter: Janine, du hast den grösseren Teil der
Kinder Betreuung übernommen und Michi bei seinem Herz-Projekt unterstützt. Bist
du selbst nicht zu kurz gekommen?
Janine: Ich habe mich in der Gründungsphase der Brauwerkstatt für eine Weiterbildung zum Beziehungscoach interessiert. Die Belastung für alle war aber schon sehr hoch und so wollte ich das auf später verschieben.
Michi: Dieses Mal war ich der Antreiber, ich konnte Janine überzeugen, sich für den Kurs anzumelden.
Janine: Ja, und das war im Nachhinein sehr wichtig, mir diesen Raum zu nehmen, Zeit nur für mich, für mein inneres Feuer. Durch diese Inputs hat sich vieles in mir verändert, ich kam zurück auf meinen eigenen Weg, wollte mich nicht mehr verbiegen und es gab kein zurück. Ein starkes Bild sind für mich Wachstumsphasen, persönlich und in der Beziehung mit anderen. Zu jeder Phase gibt es Wachstumsaufgaben, Beispiele davon haben wir viele zum Erzählen.
Michi: Durch diese Arbeit von Janine konnten wir bewusster Spiegelungen in unserer Beziehung wahrnehmen und darauf eingehen.
Peter: Wie schwierig war es, das erste Bier zu verkaufen, eure ersten Kunden zu finden?
Janine: Das lief fast wie von selbst, unsere Produkte waren von Anfang an begehrt, vielleicht auch wegen dem Herzblut, das drinsteckt.
Michi: Wir haben eher das Problem von Lieferschwierigkeiten, weil unsere Infrastruktur begrenzt ist. Aber ewiges Wachstum ist gar nicht unser Ziel. Wir setzen auf Qualität und sind regional unterwegs. Es freut uns, wenn Lokale, die wir selbst gerne besuchen, unser Bier verkaufen, z.B. die Jazzkantine und das Quai4.
Janine: Ein Highlight für uns wäre, wenn unser MONS auf dem Pilatus ausgeschenkt wird, auf dem Berg, welcher unserem Bier den Namen gegeben hat.
Auch der Corona-Lockdown hat uns kaum getroffen. Just zu Beginn der Restaurant-Schliessungen war unsere erweiterte Internetseite bereit, damit Private von unserem Lieferservice profitieren konnten.
Michi: Wir hatten 1-2 verschiedene Biere geplant, ein Standard und ein Saisonbier, jetzt sind es teilweise bis zu 6 verschiedene Sorten. Wir haben einfach zu viele Ideen und es macht Spass zu experimentieren, wobei Experiment ist der falsche Begriff, wir mussten noch kein Bier wegleeren.
Peter: Und wie geht es weiter?
Michi: Ein Krienser Bierbrauer, ein herzlicher Typ, hat mit 60ig seine Stelle verloren. Er arbeitet jetzt 30% bei uns. Diese Arbeit bei uns entspricht genau seiner Traumarbeit: Eine kleine, halbautomatische Brauerei, in der er von A bis Z alles selbst machen und seine Ideen einbringen kann. Er braut auch noch in seiner Freizeit und inspiriert mich mit seinen Erfahrungen, ein weiterer glücklicher Zufall für beide Seiten. Das gibt mir Luft für neue Projekte. Ich arbeite konkret an einem Gastronomie Angebot in Kriens, aber es ist noch nicht spruchreif.
Janine: Ich begleite gerne Menschen aus der Komfortzone, mache Ihnen Mut Ängste los zu lassen und Neues anzupacken. Es macht mir aber selbst noch etwas Angst, ich habe mich bisher gerne versteckt, eher im Hintergrund gewirkt. Aber ich denke die Zeit ist reif, meine Fähigkeiten im Coaching offiziell anzubieten.
Peter: Herzlichen Dank für das Teilen eurer sehr persönlichen Geschichten. Ich bin sicher, eure Erfahrungen werden viele Menschen inspirieren und motivieren, auch ihren eigenen Weg zu gehen, nicht mehr länger zu warten ihren Traum zu verwirklichen. Und eure Geschichten zeigen für mich sehr schön, wie es immer mindestens zwei braucht, die sich gegenseitig ermutigen und unterstützen.
MachDeinHerzDing!